Geschichte

Bei der Beschreibung des Berufes der evangelischen Küsterinnen und Küster ist es notwendig, dass die Frage nach dem geschichtlichen Hintergrund und der Herkunft gestellt wird.
Dabei ist festzuhalten, dass es sich grundsätzlich um einen “kultischen” Beruf handelt. Nach heutigem Verständnis ist aber auch deutlich, dass es sich beim Küsteramt um Dienst am Menschen und Dienst für Gott handelt.

Das Küsteramt im Alten Testament
In der Bibel können wir etwas über den Ursprung des Küsteramtes erfahren. Im alten Testament ist die Rede von einer Gruppe von Menschen “den Leviten “, die neben den Priestern wichtige Helfer im Hause Gottes waren. Für die Leviten ist nicht nur ihre Helferfunktion wichtig, sondern vor allem ihre persönliche Glaubenshaltung.
Der Dienst am und im Hause Gottes heißt: Gott wohnt unter uns und wir dienen diesem Gott.
Als Jesus Christus in diese Welt kam, erlosch der Levitendienst. Es bildeten sich bei den ersten Christen andere Versammlungsstätten, zunächst im Untergrund und nicht in Tempeln und Synagogen.

Diakon oder Küster?
Im neuen Testament waren es die Diakone, aus denen sich das Küsteramt weiterentwickelte. Die Hauptaufgabe der Diakone war in erster Linie die Versorgung der Armen, Witwen und Weisen, aber sie waren auch für die “äußeren Dienste” im gottesdienstlichen Leben der Gemeinde zuständig.
Sie sorgten für die Einhaltung der kirchlichen Ordnung, öffneten und schlossen die Pforten der Kirche. Sie bereiteten alles zum Gottesdienst vor, und hielten “die mit Sünde Befleckten” und “von bösen Geistern Gequälten” vom Altar fern. Sie waren für den reibungslosen Ablauf des Gottesdienstes verantwortlich, unterstützten die Priester, nahmen die Opfergaben der Gläubigen an, unterrichteten die Katechumenen, das heißt, sie unterwiesen die Täuflinge, waren für die Psalmgesänge zuständig, teilten das Abendmahl mit aus und wachten an der Pforte über Ordnung und Sitte.
Sie standen in der Mitte zwischen Priester und Gemeinde. In der Verbundenheit von Priester und Diakon lag die Kraft beider Ämter.

Küster
lat: custos = Wächter

Es ist klar, dass bei der Fülle von Aufgaben diese bereits früh auf mehrere Diakone verteilt werden mussten. Bereits im Jahre 251 ist in einem Brief des Bischofs Cornelius von Rom von einem Türhüter die Rede. Der Türhüter erhält die Schlüssel der Kirche vom Bischof. Ihm obliegt neben der Obhut über die Kirchengebäude die Sorge dafür, dass das Gotteshaus rechtzeitig geöffnet und geschlossen und die Zeit des Gottesdienstes pünktlich angekündigt wird, ferner, dass nur solche am Gottesdienst teilnehmen dürfen, welche dazu berechtigt sind. Vielleicht war dies die erste Dienstanweisung für Küster.
Im 3. Jahrhundert wurde der christliche Glaube in vielen Ländern zur “Staatsreligion” erhoben. Es wurden Gotteshäuser gebaut, in denen Küster (lateinisch custos) für Kirche und Altar notwendig wurden. Custos bedeutet übersetzt Wächter.
Von daher kann mit Recht behauptet werten, dass Priester / Theologen und Küster wohl zu den ältesten Berufen im Hause Gottes gehören. Sie haben im Laufe der Jahrhunderte in besonderer Weise den Dienst am und im lause Gottes geprägt.
Geschichtliche Entwicklung des Küsteramtes
Vom Dienst der evangelischen Küster kann erst nach der Reformationszeit, so ab dem sechzehnten und siebzehnten jahrhundert die Rede sein.
Damals zeigte sich, dass ohne einen Helfer im Gotteshaus, im Pfarrdienst und in der Gemeinde nicht auszukommen war. So wurde in der Regel in der Gemeinde ein Mann angestellt, der dem Pfarrer bei seinen Aufgaben behilflich war, und das war eben der Küster.

Der Küster
-Vorsänger und Kantor

Da es in der Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg nur wenige Orgeln in den Kirchen gab, brauchte man für den Gemeindegesang einen Vorsänger. Der Küster wurde mit diesem Dienst betraut. Hierzu war es nötig, dass er lesen und einigermaßen singen konnte, wenn er aus dem Gesangbuch oder dem Psalter die Lieder anstimmte.
Die Besoldung des Küsters war eine schwierige Sache. Ähnlich wie die Pfarrer, erhielten auch sie oftmals an Stelle von Geld Naturalien und mietfreies Wohnen im Küsterhaus. Sie mussten einem zusätzlichen Beruf nachgehen, meist einem Handwerk, dem Bauerngeschäft oder einem anderen Amt, sehr häufig dem des Gerichtsschreibers.
Auf den Dörfern der damaligen Zeit war das keine Selbstverständlichkeit, und wenn ein solcher Mann gefunden war, musste er auch der Jugend das Singen lehren. So kam zum Dienst des Küsters der Dienst des Kantors.
1533 heißt es in einem sächsischen Visitationsartikel: “Die Küster sollen die Kinder fleißig lehren und die 10 Gebote glauben und im kleinen Katechismus der Jugend fürsagen”. Der Küster, der nun zugleich Kantor war, musste bei allen kirchlichen Handlungen die “äußeren Dienste” nach den Anordnungen des Pfarrers leisten. Weiter musste er der Jugend das Beten, die Gebote und den Glauben lehren, woraus sich dann allmählich regelrechter Unterricht im Schreiben und viel später im Rechnen und anderen Fächern entwickelte.

Der Küster
– Schulmeister und Gerichtsschreiber

Diese schlechte Situation änderte sich erst, als die Bedeutung des Schulunterrichtes erkannt wurde und die allgemeine Schulpflicht gefordert wurde.
Aus einem Erlass aus dein Jahre 1704 geht hervor, dass die Hauptaufgabe der Schule darin bestehe, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen. Mit der Erkenntnis der Bedeutung des Lehrens, verbesserte sich die finanzielle Versorgung und auch das Ansehen und die Stellung des Küsters wuchsen. Das blieb so, bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Kirche und die Schule grundsätzlich getrennt wurden. Aus den mittlerweile zu Kirchenbeamten gewordenen Schulmeistern wurden Staatsbeamte, die für den Schuldienst ausgebildet wurden.
Im 20. Jahrhundert schließlich wurde der Kirchenmusiker als eigenständiger Beruf anerkannt. Mit der Trennung vom Schul? und Kirchenmusikerdienst machte sich nun wieder die ungenügende Besoldung der Kirchendiener bemerkbar.
Die Küster strebten eine bessere Besoldung, ein Ruhegehalt und eine geregelte Dienstanweisung an. Dazu schlossen sie sich zu Interessengemeinschaften zusammen. In den einzelnen Landeskirchen entstanden so die Vereinigungen der hauptberuflichen Küster, eben die Küsterverbände.

Geschichte und Gegenwart
In all den Jahrhunderten wurde immer wieder die Frage nach den Tätigkeiten der Küster gestellt. Eindeutig war und ist der Dienst in und um die Kirche, und bei den Gottesdiensten und Amtshandlungen.
In den letzten zwei Jahrhunderten brach das Küster- und Schulmeisteramt auseinander. Die Lehrer wollten den Küsterdienst nicht mehr selbst ausüben, sondern sich von Helfern vertreten lassen. Ein Erlass des preußischen Kultusministers vom 27.02.1894 trifft eine Unterscheidung zwischen höherem und niederem Küsterdienst.
Der höhere Küsterdienst umfasste Kantorat, Organistendienst, Kirchschreiberei, Altardienst und Aufsicht über die äußere Ordnung im Gottesdienst. Der niedere Dienst umfasste Reinigung, Wartung des Kirchturms, Kerzen usw. Die Lehrer wurden vom niederen Dienst befreit. Damit konnte man feststellen, dass der Küsterdienst durch diesen Erlass eine Abwertung erfuhr. Auch ist festzustellen, dass sich im Zuge der Spezialisierung von Berufen und Diensten in der Kirche die Aufgabenstellungen der Küster veränderten.
Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde der Küsterdienst wieder attraktiver. Der ständige Zuwachs von Kirchen, Gemeindehäusern und -zentren hatte zur Folge, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebraucht wurden.
Für die Berufsvereinigungen der Küster erwuchs damit eine besondere Verantwortung. Die zunehmende umfassende Aufgabenstellung bedurfte einer neuen Form der Darstellung und Aussage, der Aus- und Fortbildung. Somit stellte sich auch die Frage nach einem Berufsbild. Wenn in einigen Kirchenordnungen nur kurze Umschreibungen zum Küsterdienst zu finden sind, so trifft dies in keiner Weise die Realität. Zitat: Den Küstern obliegt es , die kirchlichen Räume für den Gottesdienst herzurichten, für das Läuten der Glocken zu sorgen, während des Gottesdienstes auf gute Ordnung zu achten, sowie den Pfarrern und Presbytern bei ihren Amtsgeschäften den notwendigen Hilfsdienst zu leisten. Die Einführung in ihr Amt geschieht gemäß der Kirchenordnung.”

Voraussetzungen für den Küsterdienst
Nach dem biblischen Ursprung und der geschichtlichen Entwicklung des Küsteramtes sollte auch etwas zur inneren Ausrichtung der Küster zu ihrem Dienst zum Ausdruck gebracht werden.
Der Küster ist so etwas wie ein Schaufenster, denn er steht im Blickpunkt der Gemeinde. Er steht am Eingang der Kirche, begrüßt die Gottesdienstbesucher und gibt ihnen das Gesangbuch. Er begrüßt und leitet Gemeindehausbesucher in ihre Räume, ist Anlaufstelle für Fremde, die Auskunft haben wollen, stellt Kontakte her und bestimmt damit das Bild, das sich Gemeindeglieder von einer Kirchengemeinde machen. Er ist häufig Zuhörer für Gemeindeglieder, gibt Auskunft, hört Fragen und Kritik von Gruppen und Kreisen und steht vermittelnd und informierend zwischen Gemeinde und Dienststellenleitung.
Durch den Ton der Stimme, die Haltung des Körpers, die Wahl der Worte werden Signale gegeben, die die eigene Lebenseinstellung widerspiegeln.
Die Arbeit als Küster, der Dienst in der Kirche darf nie zu einer Last werden. Das Küsteramt sollte ein Beruf aus Berufung sein.
Es gibt keine vollkommenen Küster, aber es sollte betende und lernende Küster geben. In einem Vers aus dem Brief des Paulus an die Kolosser kommt besonders zum Ausdruck, was den Küsterdienst prägt. Dort heißt es im Kol. 3,23:” Tut euren Dienst mit gutem Willen als dem Herrn und nicht den Menschen. “
Dieser Vers spricht vom Dienst am Herrn. Der Gegensatz zum Dienst dürfte, in beruflicher Hinsicht, der Job sein. Und jeder, der nur einen Job verrichtet, wird mit dem Begriff “Berufsethos” Probleme haben. Denn Job bedeutet nur soviel wie “Mittel zum Gelderwerb” oder “Existenzsicherung”. Das sind sicher wichtige Ziele, wenn man gut leben will oder eine Familie zu ernähren hat. Aber diese Ziele können nicht die letzten Beweggründe unseres Handelns und Werkens sein.
Und dieser Vers ist sicher auch keine Aufforderung, daß wir Menschen, mit denen wir zusammenleben, vernachlässigen oder außer acht lassen sollen. Sondern er macht die Beweggründe unseres Handelns, ja unseres Lebens deutlich.
Denn die Arbeit ist eben nicht nur das Mittel zum Gelderwerb und zur Sicherung des Lebensunterhaltes, sondern ist Dienst für den Herrn Christus.
Es gibt keine unter- oder übergeordnete Arbeit. Jede Arbeit hat ihren Platz und ihren Wert. Für jeden einzelnen Menschen selbst, und für jeden Mitmenschen. Sie ist Dienst für Christus und Dienst am Reich Gottes. Darum kann der Küsterdienst auch nicht als Job verrichtet werden, sondern nur als Beruf von Berufung.
Und darum dürfen Küster ihre Arbeit nicht nur vor den Augen Gottes tun, sondern dürfen ihn auch um seinen Segen dazu bitten. Der Dienst der Küster ist ein geistliches Amt. Es dient und hilft der Verkündigung des Wortes Gottes.